Anna Konjetzky & Co

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Mehr Nürnberg ‚Kultur&Freizeit’

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Mehr Nürnberg ‚Kultur&Freizeit’

Reise nach Jerusalem

Mehr Nürnberg ‚Kultur&Freizeit’, 16. Dezember 2013 // Autor: Claudia Schuller
Anna Konjetzkys faszinierende Performance in der Tafelhalle.

So nah kommt man den Künstlern sonst nie. In Anna Konjetzkys Tanz-Installation „und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück“ rennen die Tänzer um die Zuschauer herum, rempeln sie an, schieben Gitter und Seile dazwischen, teilen sie immer wieder neu auf. Gezeigt wurde die Produktion zwei Mal in der Tafelhalle.

Die Tafelhalle sieht ganz verändert aus, hat sie doch keine Sitzreihen, sondern ist eine große, verschachtelte Bühne, auf der die sieben Tänzer agieren. Die Gäste befinden sich auch in diesem Raum, stehen, gehen herum, wenden sich dorthin, wo etwas passiert.
Und es ist sehr viel los in diesem Mittelding zwischen Kunst, Installation, Tanz und Performance.

Denn die Münchner Choreografin Anna Konjetzky hat Jerusalem, die „heilige Stadt“, eingefangen. Auf verschiedenen Leinwänden werden Bilder und Filme gezeigt, dazwischen die Tänzer, drumherum der Sound von Emmanuel Witzthum. Er lässt Menschen reden, lachen, streiten, es erklingen Echos in Tunneln, Autos, Baulärm, Gesänge aus Tempeln, Geräusche von Kundgebungen. So entsteht ein atmosphärisches Stadtbild, ein assoziativer Parcours.

Man geht auf Stadtführung – und bald ist man im Halbdunkel nicht mehr sicher, wer nun Tänzer und wer Gast ist. In den besten Augenblicken verschmelzen die lebenden Künstler mit den Film-Bildern, befinden sich in ihnen. Ihre Bewegungen wirken eruptiv, wie Zuckungen brechen sie fragmentarisch hervor. Vieles blitzt wie bei einem ruckelnden Diaprojektor nur kurz auf.

Immer wieder gruppieren sich die Akteuere neu, man muss an die Religionen denken, von denen Konjetzky Gesten entlehnt hat. Im Fokus stehen Kontraste, Reibungen und Schnittstellen, die ein fragiles Gleichgewicht bilden. Schließlich ist Jerusalem keine harmonische Stadt. Da wird viel ab-und ausgegrenzt, was man durch die Barrieren, die plötzlich auftauchen und die Gäste herumschieben, selbst erlebt.

Ein faszinierendes Werk, so dynamisch und vielschichtig wie Jerusalem selbst.

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Süddeutsche Zeitung

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Süddeutsche Zeitung

Reise nach Jerusalem

Süddeutsche Zeitung, 19. Januar 2013 // Autor: Florian Welle
Anna Konjetzkys tänzerische Darstellung der Stadt überzeugt im Sound.

München – 2011 war Anna Konjetzky als Stipendiatin in Jerusalem. Der Aufenthalt in der Metropole mit ihrem prekären politischen Status und den Einwohnern unterschiedlicher Religionen und Kulturen hat die Tänzerin und Choreografin nachhaltig fasziniert. So sehr, dass sie uns in ihrer jüngsten Tanz-Installation ‘Und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück’ auf eine Stadtführung mitnimmt.
Die Muffathalle ist an den Rändern zugestellt mit schwarzen Wänden und weißen Leinwänden, nur die Mitte hat Konjetzky freigelassen. Dort steht oder geht man wie auf einem Marktplatz herum und schaut nach allen Seiten hin auf einen verwinkelten Parcours aus engen Zugängen, kleinen Nischen und Fensterdurchbrüchen. Sie sollen die Altstadt mit ihrem jüdischen, christlichen, muslimischen und armenischen Vierteln versinnbildlichen, vereinzelt unterstützt durch eingespielte Videos oder gezielt angeleuchtete Fotos. Wir sehen einen Markt, Tore, die Klagemauer. Zunächst ist es dunkel, dann gleißt mal in der einen, dann in einer anderen Ecke Licht auf und durchschneidet den Raum wie scharfe Schranken. Schließlich verschwindet es wieder – Symbol für den Alltag in der heiligen Stadt, das Mit- und Gegeneinander von Juden, Christen und Muslimen.

Das fragile Zusammenleben ist auch beherrschendes Thema der Choreografie. Sieben Tänzer und Tänzerinnen prallen in wechselnden Gruppenkonstellationen aufeinander, ziehen sich an, stoßen sich ab. Fallen und stehen wieder auf.

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Tanznetz

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Tanznetz

Wie tanzt man Jerusalem?

Tanznetz, 17.01.2013 // Autor: Miriam Altenhammer

Wie tanzt man Jerusalem? Wie kann man überhaupt eine Stadt tanzen? Das sind wohl die ersten Fragen, die einem in den Sinn kommen bei der neuen Arbeit „und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück“ der Münchner Choreografin Anna Konjetzky. Entstanden durch ein mehrmonatige Recherche zur und in der Stadt Jerusalem soll die Tanz-Installation eine Art Stadtführung sein, die im abstrakten Raum, angefüllt mit Körpern und Bildern, ein Netz aus Assoziationen spinnt.
(…)
Jerusalem durch den Blick Konjetzkys: Sehr plastisch machen diese Bilder Jerusalem erfahrbar. Sie sind greifbar nahe, lassen die rauen Mauern erspüren, die Enge der mit Menschen überfüllten Straßen, manchmal auch die Verlorenheit im anonymen Raum. Graffitis und Straßenschilder, übermalt oder zerfallen, zeugen von den vielfältigen Prozessen der Stadt.
Die Eindrücke sind flüchtig nebeneinander gestellt. Der Muezzin schreit, Kirchenglocken läuten. Stimmengewirr und Straßenlärm – all das bildet auch die atmosphärische Klangcollage des israelischen Musikers Emmanuel Witzthum, die in manchen Momenten einen im Dämmer versinken lässt, in den Taumel der Stadt mitreißt, Bilder im Kopf kreiert. Jerusalem, die Stadt der Weltreligionen, der Spannungen und Positionen.
(…)
Wie in vielen anderen Arbeiten Anna Konjetzkys ist „und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück“ ein Spiel mit Blicken durch Öffnungen und Einschnitte. Perspektivenwechsel auf Körper, die sich religiöse Codes und alltägliche Verhaltensmuster aneignen, sich in diesen verhaken, sie vermischen und trennen.

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Münchner Merkur

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // Münchner Merkur

Münchner Merkur, 17.01.2013 // Autor: Malve Gradinger

…“ Die unbestuhlte Münchner Muffathalle lädt also zu einem Jerusalem-Spaziergang ein. Und da ist gleich mit der Collage des israelischen Musikers Emmanuel Witzthum der akustische Atem der Stadt: Umrauscht von diesem vielschichtigen und fein gesponnenen urbanen Klangbrausen aus Arbeitsgeräuschen, Stimmen, liturgischen Gesängen und Glockengeläut folgt man den sieben Tänzern durch den Raum, während auf den rundum befindlichen Leinwänden altes Gemäuer, Kirchen, Klagemauer, die Kuppe. Der Al-Aqsa-Moschee, Gässchen und Bazare der Altstadt erscheinen. Später auch Israels hohe Beton-Trennwände und moderne Stadtviertel.“…

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // B5 aktuell

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // B5 aktuell

B5 aktuell Kulturnachrichten, 16.01.2013 // Autor: Markus Mayer

Zu Beginn stehen die Besucher vor einer mobilen Absperrung, wie sie üblich ist in Israel. Sie sehen drei Frauen und vier Männer in dunkler Straßen-kleidung, sieben Tänzer, die sich in einem von Stellwänden begrenzten Raum bewegen. Sie gehen, stolpern und berühren sich kurz. Immer wieder jedoch zucken ihre Leiber unerklärlich. Spannungen fahren wie Blitze durch die Körper. Bald werden die Absperrungen weggeräumt: Das Publikum betritt den Bühnenraum und begibt sich auf eine Führung durch ein imaginäres Jerusalem.

Man sieht: Orthodoxe, Christen, Moslems und Militärs. Beten als Körpersprache. Eine Frau, die an einem Pranger steht. Besucher, die den Tänzern mehrfach aus-weichen, ihren Platz selbst finden müssen. Immerzu Handlungen, Körper in Räumen und auf der Fläche: Tohuwabohu. Im Schlussbild schaukelt ein nach unten gedrehter Scheinwerfer Licht über die auf dem Boden liegenden Tänzer. Anna Konjetzkys In-stallation verblüfft: Moderner Tanz als erstaunlich intelligentes Medium, das im Stande ist, komplexe Erfahrungen und widersprüchliche Emotionen widerzugeben.