Anna Konjetzky & Co

MOVE MORE MORPH IT // TANZweb.org

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Alles sein und nichts werden

TANZweb.org, Oktober 2020 // Autor: Melanie Suchy
Beim 7. Bonner Tanzsolofestival gastierte „MOVE MORE MORPH IT!“ von Anna Konjetzky im Theater in der Brotfabrik

Nur ein kleiner Holztisch. Sahra Huby sitzt auf seiner Kante und kritzelt. Das ist zu hören, aber nicht zu sehen, „ch, ch, ch, ch-ch-ch-ch“, denn sie zeigt dem Publikum den Rücken. Manchmal zittert ihr weißes T-Shirt, das sie zur einfachen Jeans trägt; dann scheint sie mit Strichen das Papier vor ihr noch heftiger zu schraffieren. Als Zeichnerin erkennt man sie wieder, aber in dem berühmten Solo „Abdrücke“ von 2010 hatte sie weder Tisch noch Bühne noch, wie bei diesem musikalischen Stück von 2018 eigentlich vorgesehen, ein Klassenzimmer, sondern war in einen Glaskasten gesperrt, und die Kohlestriche, die sie fabrizierte, waren wie eine Selbstvergewisserung, lauter zusammenzuknüllende Versuche und verhinderte Mitteilungen.

Das Zeichnen, als Stricheziehen, Gestaltenerschaffen und –durchstreichen, führt dieses neue Solo fort. In „MOVE MORE MORPH IT!“ skizziert die Solistin in der Choreographie der Münchnerin Anna Konjetzky, was sie ist oder sein könnte oder müsste, doch jetzt mehr mit dem Körper und mehr Raum, im Tanz und mit Geräuschen.

Sie spielt. „Hallo, wie geht’s“, fragt sie ins Publikum, „ich fühl‘ mich so“: krümmt sich und macht „uoh“ und „haha“; ein kleines Mikrofon verstärkt ihre Sprache. Sie macht „bumm“, knüllt, pendelt ein Bein, kreist, ruckt mit Körperteilen, wabbelt die Knie. Das hat etwas von Strichen, Bögen, Wellen, als verkörpere sie Comicfiguren samt den beschriebenen Geräuschen, „zisch boing“, oder wie im Film. Der Tisch ist Mitspieler, ist mal Halt, mal Gefahr oder Podest, die Tänzerin zuckt zurück, hibbelt, springt auf ihn, tippelt mit den Fingern wie auf Keyboardtasten, biegt sich, rollt die Schultern. Ein ständiger und eiliger Wechsel von eigener Macht und Getriebensein, auch in Verbindung mit den Geräuschen, die sie selbst erzeugt oder die der Musiker Sergej Maingard neben der Bühne elektronisch einspielt, ohne dass der Unterschied immer auszumachen wäre. Bis Sahra Huby schließlich am Boden festzukleben scheint und am eigenen Bein zerrt. Plötzlich einfach läuft. Die tausend Striche und Strichelchen dieser Szene kratzen eher, als dass sie tiefer einschneiden, so bleibt es ein rasantes Durchblättern von Möglichkeiten zwischen „ich mache“ und „es macht mit mir“.

Doch im zweiten Teil wird das Stück schwerer. Und lauter. Die Choreographie baut der grandiosen Tänzerin Posen ein, mal wirken sie ein bisschen neckisch-niedlich, „girliehaft“ träfe es vielleicht, Kopfkreisen, „wua wua“, Floss-Moves mit Hüftverschiebungen, oder Sahra Huby hebt den Tisch übern Kopf wie ein Obelix und bellt. Oder stampft, wackelt mit dem Hintern, macht Fäuste, rollt, tritt, steht breit, springt. Mit dem anschwellenden Sound wird das zu einer furchtbaren Verlorenheit zwischen eher männlichen, weiblichen oder sonst welchen Haltungsidentitäten oder im Internet abgeschauten Phrasen, einem Kampf, der dem ähneln könnte, den Hyperaktive fühlen. Wenn „Morphen“, Verwandeln, nicht mehr lustig ist.

Wunderbar still das Ende, eines der schönsten weit und breit: Die Tänzerin macht sich davon und legt auf dem Weg vom Tisch zum Ausgang immer kleiner werdende Schnipsel eines Papiers aus. Es geht vorbei.

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WE ARE HERE // Saarbrücker Zeitung

WE ARE HERE // Saarbrücker Zeitung

Die getanzte Kernschmelze

Saarbrücker Zeitung, 31.5.2019 // Autor: Cathrin Elss-Seringhaus
Saarbrücken. Sie war herausfordernd, die Uraufführung von Anna Konjetzkys Tanzstück „We are here“ – und sie bekam Riesenapplaus in Saarbrückens Alter Feuerwache.

Man war vorgewarnt. „Ground“ hieß Anna Konjetzkys erste Arbeit für das Saarländische Staatstheater (SST), es entstand 2017. Es war ein kompromisslos ungefälliges 30-Minuten-Stück, das Tänzer wie Publikum an die Grenzen brachte. Womöglich deshalb kündigte das SST Konjetzkys zweite Arbeit als „avantgardistisch“ an, um gleich zu sagen, wo‘s mit dieser freien Choreographin hingeht, die seit 2014 zusammen mit dem Münchner Kammerspielen produziert: nicht in die Komfortzone jedenfalls. Sie wird als mutige Pionierin geschätzt, beim Erforschen des Themas Architektur und Körper und damit zusammenhängender Wahrnehmungs-Verschiebungen. Das klingt sehr abstrakt, und „We are here“, das am Donnerstag in der Alten Feuerwache Uraufführung hatte, ist auch genau das: ein Bewegungs- Kompositions-Werk, das Illustration vermeidet und nicht mal unsere Assoziations-Lust stimulieren möchte. Wobei der Betrachter nicht um das ein oder andere Echo umhin kommt: die Szenerie mal einem Box-Ring, Techno-Dance-Floor oder U-Bahnhöfen zuordnet.

Man trifft die elf Tänzer, die die gesamte Aufführung als Gruppe präsent bleiben, in einem Straßen- Setting, vor drei dunkelgrauen, konisch zulaufenden Wänden (Bühne: Konjetzky/von Schlippe). Die schieben sich im Laufe des Stückes nach vorne, drängen die Tänzer am Ende auf eine schmale Bühnenrand-Linie. Trotzdem geht es hier nicht um klaustrophobische Beengung, sondern um die Variation von Aktions-Räumen. Die Tänzer tragen Sneaker, Jogginghosen, den lässigen Dresscode unserer Tage. Stehen rum, ihre Verlegenheit oder ihr In-Sich-Versunkensein paust sich durch ihre vermeintliche Starre, ihre Muskeln lockern sich zu Dehnübungen, die Bewegungen dynamisieren sich, wobei jeder Tänzer sein individuelles Muster des Alltags-Bekannten zeigt: Hin- und Her-Pendeln, Rum- Trippeln oder zügig Drauflosmarschieren. Mit jedem Atemzug, so scheint es, zieht jeder einzelne Tänzer ein neues Bewegungsregister und bleibt doch Teil der tänzerischen Einheit – synchrone Freiheit, Konjetzky hat ein großartiges Händchen dafür. Doch sie bremst die zunehmend temporeicheren Aktionen brutal ab, dann verharrt die Szene stumm wie nach einem Filmriss. Der Beobachter erkennt keine Systematik, aber er spürt einen zunehmenden Druck, die physische Anspannung und Anstrengung der Tänzer überträgt sich auf ihn. Denn immer vertracktere und irrwitzigere Körperhaltungen und Bewegungen verlangt die Choreographie ihnen ab, oft nur kleine Variationen und Verschiebungen. Unmenschlich, unbarmherzig, wie ein schweres Tuch wird ein Tänzer herum geschwenkt, andere Akteure führen sich wie aufgezogene Spielzeug-Äffchen auf. In Sekundenschnelle wechseln Impulse und Impressionen, bewundernswert bewegungspunktgenau mit der Musik von Sergej Maingardt, die hier mehr ist als ein Begleiter. Sie schiebt sich als zweite, als übermächtige Klang-Kulisse in den Bühnenraum, liefert mechanistisches Klackern, Kratzen, Knirschen, mixt Ping-Pong-Geräusche ein, Orgelklänge, Affenschreie oder Hundewinseln, schließlich ein Bestiengebrüll, das jedem Horror-Film Ehre machen würde. Das geht alles direkt ins Blut.

Gerade mal 60 Minuten lang dauert das Stück, es „abendfüllend“ zu nennen, ist dennoch angemessen, weil man sich fühlt, als habe man einer Tanz-Kernschmelze zugeschaut. Worum ging es? Wer diese Frage an das Bühnen-Geschehen richtet, wird unerlöst bleiben. Die Choreographin will, dass man sie ihr stellt und hat sie im Programmheft sehr genau beantwortet: Was passiert, wenn ich ähnliche Szenen unter veränderten Raum- und Klangbedingungen beobachte? Wie eine Wissenschaftlerin organisiert Konjetzky ihr Experiment und schickt die Tänzer in eine Studie, fordert ihnen einen sportlichen Kraftakt ab, bringt sie an ihre körperlichen Grenzen. Erschöpft nahm das wunderbare, leistungsstarke Ensemble den Riesen-Applaus des Publikums entgegen. Ja, das alles war sehr ernst, sehr anspruchsvoll, sehr intellektuell – und zugleich soghaft.

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Ground // Saarbrückener Zeitung

Ground // Saarbrückener Zeitung

Ground // Saarbrückener Zeitung

Saarbrückener Zeitung, 20.02.2017 // Autor: Cathrin Elss-Seringhaus
„Ground“ im Saarländischen Staatstheater

(…) Ganz anders Anna Konjetzky ‚Ground’, ebenfalls 30 Minuten lang, ebenfalls mit Bravos bedacht. Bereits die schmerzhaft laute Industrial Musik von Sergej Maingardt geht direkt ins Blut, wühlt auf: Wummern, Maschienengewehr-Klackern, U-Bahn-Dröhnen, Knurren, und Quietschen. Erbarmungslos, düster. Die provokante Verweigerung von Gefälligkeit wiederholt sich in der leeren, schwarzen Bühne und den unvorteilhaften Straßenklamotten der fünf Tänzer (Kostüme: Linda Sollacher). Anna Konjetzky beschäftigt das Thema Masse und Individuum, Veränderung und Erstarrung, Eigen-und Gruppendynamik. Ihre Tänzer variieren das Thema Unfreiheit, arbeiten mit Alltagsmustern und Zufalls-Einspeisungen, zucken und beben mechanisch wie Sprungfedern. Fallen um wie angeschossen, erdulden unmenschliche Verzerrungen. Die Tänzer führen vor, wie die Masse Mensch aneinander klebt. Erst Kuben, die von der Decke stürzen, splittern die Gruppe auf, machen die Protagonisten zu Einzelwesen. Glücklicher wirken sie nicht.

In ‚Ground’ herrscht ein gnadenloses Pulsieren, man erlebt, ja erleidet eine Power-Präsentation, brutal, unschön, uneitel. Wird Zeuge einer beeindruckenden tänzerischen Verausgabung; zu Recht gab es Bravos. Konjetzky versteht Tanz nicht als visuelles Spiel, sondern als Physis gewordene Anklage. Als Angriff. Angenehm ist das nicht, aber anregend.

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wah-wah // Münchner Feuilleton

wah-wah // Münchner Feuilleton

Feinstoffliches

Münchner Feuilleton , November 2016 // Autor: Katja Schneider
Neues von Anna Konjetzky und Stefan Dreher: Die einen ziehen im Sog des Kreises ihre Bahnen, die anderen treten nacheinander aus dem Schatten.

Tänzerische Schwärme waren mal groß in Mode. In den Nullerjahren experimentierte man gerne mit selbststeuernder Bewegung, kinästhetischem Respons und den Wirkungen, wenn sich Kollektive wie im Schwarm organisieren. Wer steuert, wer folgt, wie erfolgen die nonverbalen Absprachen, wie gelingt das Spiel von Aktion und Reaktion, Kontrolle und Laufenlassen? Das war spannend, manchmal aber auch ermüdend. Und eigentlich war es durch. Anna Konjetzky belebt jetzt den Schwarm-Topos noch einmal von der anderen Seite: Sechs Tänzerinnen und Tänzer arbeiten sich an der Vergemeinschaftung ab. Zum Schwarm konstellieren sie sich dabei nur passagenweise. Zunächst laufen sie sich warm. Immer links rum. Das Publikum sitzt auf Podesten, die in der Kammer 2 im Achteck angeordnet sind. In diesem Oktagon bewegen sich Sahra Huby, Viviana Defazio, Quindell Orton, Michele Meloni, Damiaan Veens und Jascha Viehstädt als permanente Linksdreher: rennend, springend, hüpfend, gehend, trabend, vorwärts, rückwärts, im Aerobic- Knie-hoch-Gang. Sie sehen sich offen an, abwartend, nicht lauernd. Und dann jagen sie sich doch. Das ist einer der stärksten Momente in diesem Mobile, wenn sich Quindell Orton ihren Mittänzern in den Weg wirft, in Läufe rutscht, zum Ausweichen zwingt. Ein anderer zwingender Moment entsteht, wenn sie sich aus einer Ruhepause in Anspannung einander zuwenden, umkreisen und sich stoßend, zuckend, aneinander reibend, ringend, zupackend, beißend und saugend ineinander verknäulen. Dieses »Wah-Wah« (seinen Namen verdankt das in den Kammerspielen uraufgeführte Stück der durch die Stadt optionsgeförderten Choreografin einem Sound-Effekt) schickt das Publikum durch Höhen und Tiefen. Aus letzteren schallt der Soundtrack von Brigitta Muntendorf. So clean und cool der Raum von Linda Sollacher (Licht: Wolfi Eibert), so verquatscht die Audiospur.

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wah-wah // Tanznetz

wah-wah // Tanznetz

DAS ICH IM RATTENRENNEN DES UNIVERSUMS

Tanznetz , 23.10.2016 // Autor: Isabel Winklbauer
In Anna Konjetzkys neuem Stück dreht sich alles um den Kreislauf des menschlichen Zusammenseins
Die Sache geht in einer achteckigen Arena rund wie im Goldfischglas, links herum, links herum, links herum… und immer links herum.

Anna Konjetzkys Arrangement für „wah wah“ in den Münchner Kammerspielen 2 ist ein bisschen unheimlich. Die Sache geht in einer achteckigen Arena rund wie im Goldfischglas, links herum, links herum, links herum… und immer links herum. Als Parabel auf das menschliche Dasein ist das deprimierend. Aber es hilft nichts: Die Szenerie ist, wie sie ist, und der Mensch ˗ in diesem Fall drei Tänzerinnen, drei Tänzer und die rund um sie herum sitzenden Zuschauer ˗ hängt darin als Mitspieler fest.

Der geheimnisvolle Antrieb zum Rundlauf scheint durch göttliche Kräfte gegeben zu sein, und es sind ihm ausnahmslos alle unterworfen. Konjetzky hat mit ihrem begnadeten Händchen für Typen eine faszinierende Ansammlung von Charakteren zusammengestellt, um die Universalgültigkeit ihrer Szenerie zu unterstreichen: Ein langer Hipster mit Bart (Damiaan Veens), ein schöner, feingliedriger Dutt-Träger (Jascha Viehstädt) und ein kompakter, sehr orientalisch aussehender Tänzer (Michele Meloni) bilden die Herrenfraktion, die Damen sind durch die langbeinige, schwanenhafte Quindell Orton, die burschikose Viviana Defazio und natürlich Sahra Huby vertreten. Huby, Konjetzkys muskulöse und doch zarte Muse, trägt weiße Sneaker statt dunkle wie die anderen ˗ das macht sie zur heimlichen Anführerin, ihr folgen die Blicke, wenn unter den wortreichen Klangcollagen von Brigitta Muntendorf der Wirbel der Elementarteilchen zu unübersichtlich wird.

Es ist geradezu hypnotisch, wie die Protagonisten ewig um sich selbst kreisen. Über manche Strecken führt es sogar zur Trance. So mancher Zuschauer sinkt im Sog des eigenen Bewusstseinsstroms zusammen, in Gedanken meilenweit weg. Fängt dann endlich Sarah Huby an, eine neue Mode der Fortbewegung zu entwickeln, beispielsweise mit rudernden Armen in der Hocke zu watscheln, ist der Betrachter überaus dankbar. Hurra, eine Mode kommt auf! Knallt dann noch Quindell Orton den anderen ihre Modelbeine in den Weg, um sie zum Stürzen zu bringen, wird es richtig spannend. Alle Antennen stehen wieder. Krieg hält wach.

Zum Auge des Orkans führt schließlich ein Glaubensbekenntnis, für das Konjetzkys Menschenschwarm innehält. Gebückt, wie vor den Kopf geschlagen vom dauernden Kreisen, sprechen die Sechs im Chor: „Ich glaube, dass ich der Mittelpunkt des Universums bin. Alles, was ich erlebe, dreht sich nur um mich“. Es ist also Egozentrik, die die Menschen antreibt, im ewigen Rattenrennen mitzuwirken. Doch es regiert noch eine zweite Überzeugung, die die „Götter“-Stimmen gleich im Anschluss verkünden: Das wichtigste Ziel ist die Freiheit, und diese ist nur außerhalb des Ichs zu finden, bei den anderen Kreisenden. So entstehen Verbindungen, Formationen, Kriege, das Futter im Goldfischaquarium. Eine wunderbare Gelegenheit für den Mann am Licht, Wolfgang Eibert, die Zuschauer in weiße Mondstrahlen zu tauchen und so füreinander sichtbar zu machen ˗ auch sie gehören zum ewigen Kreisspiel. Konjetzkys gutes Gespür für Raumaufteilung ist die Steilvorlage für den schönen Effekt. Das Glaubensbekenntnis ist aber auch der Auftakt zu einer verstörenden Orgienszene, in der die Tänzer, zum Ball verknotet, sich wie gierige Lindwürmer gegenseitig in die rückwärtige Körperöffnung kriechen wollen. Der Wust löst sich im Rave auf, jeder tobt im eigenen Stil, natürlich im Kreis. Welcher bald wieder eintönig wird.

In dem endlosen Reigen, den „wah wah“ abbildet, stellt sich ziemlich früh die Frage nach dem Ausweg. Diese bedrückende Zwanghaftigkeit des menschlichen Verhaltens, der die Tänzer unterworfen sind ˗ ist sie wirklich nicht zu brechen? Ein bisschen schon. Es gäbe doch durchaus etwas, was Hoffnung schürt: ein Richtungswechsel. Rechts herum ist das neue Links! Doch Konjetzky verzichtet darauf, so einen Wechsel vorzuführen. Der Betrachter bleibt also, hypnotisiert, belustigt und verstört, letztlich auf seine eigenen Ideen angewiesen. Ähnlich wie beim meditativen Blick ins Fenster der Waschmaschine.

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Abdrücke / Abdrücke folgen // Kulturvollzug

Abdrücke / Abdrücke folgen // Kulturvollzug

Vom Suchen und Finden der Zeichen

Kultur Vollzug, 01.06.2012 // Autor: Michael Wüst

Schon Ende der Achtziger sprach der Philosoph Jean Baudrillard von einer bevorstehenden Herrschaft der Zeichen. Zeichen allerdings, die referenzlos geworden seien, nicht mehr in der Lage, auf ihre Herkunft zu verweisen. Im Muffatwerk untersuchte Anna Konjetzky mit „Abdrücke / Abdrücke folgen“ in zwei Räumen eindrucksvoll diesen Prozess: Vom Körper, über seine Vermessung, zu den Zeichen, möglicherweise zur Welt. Eine Rekonstruktion. Oder eine Wiedereinsetzung. Im ersten Raum, dem Studio 1 des Muffatwerks, in der Mitte ein Kubus, kaum größer als ein Kubikmeter, verspiegelt. Im Inneren, der Körper der Tänzerin (Sarah Huby). Sie selbst sieht nur sich in tausend Spiegelungen, blind gegenüber dem Außen. Außen, wie in einem Jenseits, die Zuschauer. Sie sehen von allen Seiten hinein in den Würfel mit dem Körper. An der Rückwand des weißen Raumes, eine projizierte Innenansicht des Kubus mit der Tänzerin. Der Körper der Tänzerin verdreht sich, dreht sich, krümmt sich, zeichnet seine Bewegungen auf, textet. Er beschreibt auch die Innenkanten des Kubus, fährt ihn ab, scannt ihn. Die Tänzerin malt schwarz auf weißes Papier und weiß auf schwarzes. Ergebnisse, Vorhaben. Das reicht sie durch eine Spalte an den Kanten des Kubus hinaus ins Jenseits der Zuschauer. Jetzt, nach etwa einer Viertelstunde, wird ihr Atem sichtbar, die Innenseiten des Kubus beschlagen. Schlieren entstehen, Abdrücke von Hand und Fuß, Wischer. Der Körper wird unscharf und zeichnet weicher. Plötzlicher Black Out. Im Nachbild leuchtet im Inneren ein Bild, wie eine Malerei.

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