Anna Konjetzky & Co

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // B5 aktuell

und weil er sich dreht, kehrt der Wind zurück // B5 aktuell

B5 aktuell Kulturnachrichten, 16.01. 2013 // Author: Markus Mayer

Zu Beginn stehen die Besucher vor einer mobilen Absperrung, wie sie üblich ist in Israel. Sie sehen drei Frauen und vier Männer in dunkler Straßen-kleidung, sieben Tänzer, die sich in einem von Stellwänden begrenzten Raum bewegen. Sie gehen, stolpern und berühren sich kurz. Immer wieder jedoch zucken ihre Leiber unerklärlich. Spannungen fahren wie Blitze durch die Körper. Bald werden die Absperrungen weggeräumt: Das Publikum betritt den Bühnenraum und begibt sich auf eine Führung durch ein imaginäres Jerusalem.

Man sieht: Orthodoxe, Christen, Moslems und Militärs. Beten als Körpersprache. Eine Frau, die an einem Pranger steht. Besucher, die den Tänzern mehrfach aus-weichen, ihren Platz selbst finden müssen. Immerzu Handlungen, Körper in Räumen und auf der Fläche: Tohuwabohu. Im Schlussbild schaukelt ein nach unten gedrehter Scheinwerfer Licht über die auf dem Boden liegenden Tänzer. Anna Konjetzkys In-stallation verblüfft: Moderner Tanz als erstaunlich intelligentes Medium, das im Stande ist, komplexe Erfahrungen und widersprüchliche Emotionen widerzugeben.

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Tagebuch – si un jour tu décides de partir // Accesstodance

Tagebuch – si un jour tu décides de partir // Accesstodance

Ausweg aus der Agonie

Accesstodance, 13. July 2008 // Author: Isabel Winklbauer

Anna Konjetzky zeigte im i-camp vorab ihren Beitrag für das Festival BOLZANO DANZA. Einen „Zustand“, ein „Bild der Einsamkeit zu dritt“ beschreibe Anna Konjetzkys Stück “Si un jour tu décides de partir“, steht im Programmzettel. Ein Inhaltsangabe, die maßlos untertrieben ist. Denn was hier ein Kontrabassist und zwei Tänzerinnen in einer knappen Stunde durchleben, ist pure Agonie. Der Abend im i-camp bot alles andere als leicht zu schluckende Kunst. Aber trotzdem faszinierte das sperrige Werk. Auch wenn Konjetzkys Protagonistinnen eine starke Körpersprache zeigen: Es geht nicht unbedingt um physischen Schmerz. Nummer eins (Sahra Huby) leidet an einer Art unsichtbaren Fessel um die Hüftgelenke, dummerweise den zentralen Gelenken jeder Tänzerin. Sie krümmt sich, hüpft, versucht, sich zu öffnen, zu befreien und fällt dabei nur immer wieder in demütigende, gebückte Positionen. Bemitleidenswert, möglicherweise aber auch eine Metapher für geistige Qualen, wie sie auf allen Vieren gleich einer Heuschrecke unter Elektroschocks voran zu kommen sucht. Nummer zwei (Madeleine Fournier) dagegen, als ruhig-lyrischer Gegentyp zu Eins angelegt, wird laufend von einem abgespaltenen Teil ihrer selbst niedergestreckt. Ihr Bein reißt nach oben aus, wirft sie um, stört brachial ihr natürliches Seelentempo. Keine Frage, die Frauen durchleben eine extreme Zwangssituation. Zwar gibt es kurze Erleichterungen. So verschlingen sie sich gelegentlich in intimen Knoten, tragen und helfen einander, reiten sich glücklich. Doch das Ganze hat keinen Bestand und geschieht nur, damit sie einander als Feind entdecken. „Manchmal“ schwebt in Leuchtbuchstaben über ihre hoffenden, umarmenden Körper. Doch dann: „Ich brauche sie lebend, damit ich sie töten kann.“ Und schon wird getreten, erniedrigt und hilflos gezuckt.

Alles schon gesehen könnte man nun denken – gäbe es auf der Bühne nicht eine Nummer Drei, die die Atmosphäre mit Lauten aus dem Kontrabass zerfetzt. Das traurige Grunzen und Sägen des Instruments sowie die gebeugte, Frankenstein-ähnliche Haltung von Musiker Peter Jacquemyn legen solchen Stumpfsinn über die Szenerie, dass klar wird: Das gezeigte Leid währt nicht erst seit gestern. Acht Jahre Kerkerhaft könnten den Zustand verursacht haben, oder 25 Jahre Inzest, oder sechs Jahre im kolumbianischen Dschungel. Die Qual tönt. Sie ist fassbar und wiederholt sich ständig in sich selbst, wie die charakteristischen Bewegungen der Tänzerinnen. Jedoch: Wie es auch die Realität tut, hat Konjetzky eine halsbrecherische Fluchtmöglichkeit choreografiert. Man sieht es von Anfang an am symbolischen Bühnenbild, in dem vier schief stehende, stählerne Bäume ins Unendliche und damit in die offene Zukunft deuten. Eins und Zwei erklettern diese Gestänge des öfteren, hängen sich an sie, umkreisen sie. Sie sind mal Hoffnung, mal bedrohliche Galgen. Zuletzt eine Kulisse für Veränderung. Denn Nummer Drei legt gegen Ende den Kontrabass weg, ergreift Eins, entblößt ihren Oberkörper und vergeht sich an ihr. Die einzige Aussicht darauf, der Agonie zu entkommen. Verständlich, dass es für all das nur schüchternen Applaus gab. Dabei hätten, trotz aller Schwere des Themas, Huby, Fournier und Jacqemyn eine Menge Vorhänge verdient für ihren Mut, sich in so ein Projekt zu stürzen. Kunst ist es aber auch, schmerzhafte Zustände so zu visualisieren wie Konjetzky es tut. Auch wenn sie beim kommenden Tanzfestival in Bozen wohl ebenso schockierten Applaus ernten wird: Die Enzyklopädie des Tanzes braucht auch Stücke wie „Si un jour tu décides de partir“.

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concertstudies // Münchner Merkur

concertstudies // Münchner Merkur

“concertstudies” von Anna Konjetzky

Münchner Merkur, 13.08.2008 // Author: Malve Gradinger

“concertstudies” von Anna Konjetzky und die Schweizer Gruppe COMPANY Halbzeit der Tanzwerkstatt Europa (…) Schön, dass Walter Heun in seiner Münchner Tanzwerkstatt Europa auch den heimischen Choreografie-Nachwuchs pflegt: “concertstudies” von Anna Konjetzky macht Hoffnungen mit seiner pointiert plastischen Bewegungssprache: ihre beiden Tänzer, ganz in Weiß, bewegen sich auf der mit Lichtketten unterteilten i-camp-Bühne wie belebte Skulpturen: von wippender Hocke sich in die kippende Senkrechte schraubend und am Boden zum Doppelkörper ineinander verschmelzend. (…)

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concertstudies // Augsburger Allgemeine Zeitung

concertstudies // Augsburger Allgemeine Zeitung

Radikale Brüche mit dem Gewohnten

Augsburger Allgemeine Zeitung, 07.07.2008 //

Tanz Anna Konjetzkys Concertstudies im Abraxas

Die Künstlerin, Choreographin und Regisseurin Anna Konjetzky, 1980 in München geboren, übte mit ihren beiden Tanz-ètuden “Sonate” und “Iner-concert” den provokativen Bruch mit Seh- und Hörgewohnheiten. (…) Die 30-minütige, dreisätzige “Sonate”, eine rhythmische Komposition für zwei Tänzer, war eine Studie über das Miteinander und Gegeneinader von Mann (Tänzer Jose Antonio Roque Toimil) und Frau (Tänzerin Sahra Huby), von Yin und Yang, von Gut und Böse. Zuckende Körper zeigten scheiternde Versuche des Ausbruchs, verzweifelte Kämpfe und Zusammenbrüche im täglichen Leben, während die Zeit (Laura Konjetzky) stoisch und erbarmungslos mit verbundenen Augen die Sekunden zählte, von 1 bis 684.Die spärlich-düsteren Lichtstimmung lenkte das Augenmerk auf die Gefangenschaft in Klischees, Routinen und Verhaltensmustern. Ein faszinierendes, reduziertes Körperspiel von einnehmender Dichte. (…)

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MOVE MORE MORPH IT // Münchner Feuilleton

MOVE MORE MORPH IT // Münchner Feuilleton

Be a lion! Make body music!

Münchner Feuilleton, November 2018 // Author: Sabine Leucht
»explore dance«, a new, multi-city dance promotion project for a young audience, started with Anna Konjetzky’s »Move More Morph It!«.

The “wow”-effect is powerful. Pedagogical admiration radiates from the teacher who is still standing with her class in front of the gym; she explains how hard the dancer must have worked. But even the children asked Sahra Huby questions such as “Is it tiring?” or “Is it fun?”. “Both,” says Huby and uses soccer games as an example, in which you forget all efforts and setbacks when everything finally has a flow.

Huby rushes through her half-hour solo, choreographed by Anna Konjetzky, as though she had springs under all of her limbs. “Move More Morph It!” is a highly exciting meeting between her rubber ball body and a table that is equipped with a taped-on microphone, as is her face, which picks up all sounds and amplifies them. Movement from writing creates scratches; and when the dancer flexes her feet or stretches her spine, it crackles and clicks loudly.

Huby can be a lion and make her entire body roar – a robot or an inflated animal that you let the air out of. But also the most banal actions generate the strangest sounds, because Sergej Maingardt is sitting at the control desk and amplifying them with all kinds of magical effects. The result is a kind of art/sound equivalent of comic strip speech balloons. Great body music! How that works exactly is something that only the adults want to know; they were the majority at the Kösk premiere. The second to fourth graders from the primary school in the Kafkastraße swing and jump about with – and recognize – super-hero battle poses and dances from the computer game “Fortnite”. However, according to Simone Schulte­Aladag, the over one hundred ninth graders from the Wilhelm-Busch-Realschule mainly asked about the meaning. After all, the performance was a school event. And when school is on the label, then there has to be a message inside! This is how teenagers are conditioned in Bavaria.

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chipping // Hamburger Abendblatt

chipping // Hamburger Abendblatt

Bildstarkes Tanzstück im Lichthof Theater

Hamburger Abendblatt, 10.02.2018 // Author: Annette Stiekele
Anna Konjetzkys Gastspiel „Chipping“ überzeugt als furios performter, vibrierender Überlebenskampf

Hamburg. Fünf unterschiedlich hohe Holzkuben stehen auf der Bühne des Lichthof Theaters. Ein Suchscheinwerfer tastet sie ab. Der schmale Lichtstrahl erwischt auch eine Tänzerin in Jeans und Kapuzenpullover. Sogleich krümmt sie sich zusammen und versucht heftig, ins Dunkel zu entkommen. Eben denkt man noch an einen zugestellten Dachboden, doch schon bald kommen Gedanken an Grenzposten auf. Sehr einfallsreich spielt die Münchner Choreografin Anna Konjetzky in ihrem im Lichthof Theater gastierenden furiosen Tanzsolo „Chipping“ („Absplittern“) mit diesen starken, hier keinesfalls abgenutzten Bildern: mit Grenzposten, Zäunen, Drähten.

Sie findet einen erstaunlich klaren Ausdruck, was vor allem an den präzisen Bewegungen und der perfekten Körperbeherrschung der zuckenden, die Kisten erklimmenden, dann wieder angstvoll zwischen ihnen hin- und herlaufenden Tänzerin Sahra Huby liegt. Aber auch an dem famosen Aufbau. Anna Konjetzky und Anton Lukas haben eine technisch aufwendige Bühne errichtet mit feinen Boden-Drahtseilen, die die Holzkisten sanft und geräuschvoll von links nach rechts ziehen.

Hinzu kommen das ausgefeilte Lichtspiel und die Videos von Timm Burkhardt. Sie tauchen die Bühnenkonstruktion in abstrakte geometrische Formen, dann wieder weiten sie sich zu urbanen Hochhaus-Szenarien. Unterlegt ist das Ganze auch akustisch äußerst effektvoll von der repetitiven industriellen Musik Brendan Doughertys.

Anna Konjetztky, eine international renommierte Choreografin, die 2013 für den Georg-Tabori-Preis nominiert war und seit 2014 mit den Münchner Kammerspielen koproduziert, verschafft dem Lichthof-Programm einen echten Höhepunkt. „Chipping“ wird über die Dauer einer Stunde zum atemlosen Trip, der auf allen Ebenen funktioniert und einen tollen dramaturgischen Bogen spannt. Obwohl eine maschinell anmutende Installation, kommt das Humane, der Tanz, nicht zu kurz.

Man wird nicht müde, Sahra Huby zuzuschauen, wie sie einzelne Körperteile isoliert und mit ihnen roboterartige Bewegungen ausführt. Wie ein gejagtes Tier hetzt sie zwischen den Kisten auf und ab. „Chipping“ ist ein ständiger Überlebenskampf. Pure Vibration. Die Bühne, der Sound, die Videos und die Tänzerin, die auch mal die Holzboxen erklimmt, um an anderer Seite gekonnt herunterzufallen. Irgendwann liegt Sahra Huby auf den Schienen, die Holzkästen schieben sich um sie herum, bewegen ihren Körper, falten ihn zusammen. Da hat sie Federn gelassen, der Atem geht schneller, doch die Erschöpfung lässt sich in ihrem schmalen, entschlossenen Gesicht nur erahnen. Es ist, als würden Fasern der Person absplittern. Eben droht sie noch ganz in der Bühnenkonstruktion zu verschwinden, doch da rappelt sie sich schon wieder auf. Am Ende gibt es verdiente Bravos für einen in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Tanzabend.

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